Skulpturen-Achse Hoch Elten - Kleve e.V.
 
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Anmerkungen zur Skulptur Fraubillenkreuz

von Felix Droese/Christoph Wilmsen-Wiegmann

Im Rahmen des ambitionierten Projekts Skulpturen-Achse Hochelten konnte im Oktober 2021 mit der Errichtung des sogenannten Fraubillenkreuzes ein viertes Vorhaben innerhalb dieser weitgespannten räumlich-geistigen Verortung am Niederrhein realisiert werden. Dabei geht es, kurz gesagt, um ein strom- und grenzüberschreitendes Ensemble von insgesamt 12 geplanten Skulpturen, die auf prägnante Weise Bezug nehmen auf die landschaftliche und mentale Prägung dieser Grenzregion. Insbesondere die Sichtachse zwischen den Höhenzügen des Springenbergs mit dem barocken Amphitheater auf Klever Seite und der weithin sichtbaren Stiftskirche St. Vitus auf Hocheltener Seite verlangt dabei nach skulpturaler Markierung, verbindet sie doch seit jeher auf symbolisch-luftige Weise die beiden Ufer, die rein physisch durch die Breite des mündungsnahen Flusses weit voneinander getrennt sind.

In diesen Kontext fügt sich das Fraubillenkreuz in seiner Anmutung als wegweisender Kultstein programmatisch ein. Lokalisiert auf der linken Rheinseite in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Salmorth, dominiert diese wuchtige Basalt-Lava-Skulptur mit einer Höhe von über fünf Metern die umliegenden Auen wie ein Menhir aus prähistorischer Frühzeit. Bei näherer Betrachtung treten dann christlich konnotierte Urzeichen aus dem Gestein, nämlich in Blickrichtung Hochelten ein langgestrecktes Kreuz, in Blickrichtung Kleve eine mandelförmige Aureole, wie sie in der traditionellen Ikonographie Christus oder Maria schützend umschließt. In dieser Dualität zwischen Marterwerkzeug und bergender Hülle, aber auch in der synkretischen Durchdringung der assoziierten Zeitebenen entfaltet dieser mächtige Stein seine elementare Kraft und sendet spirituelle ebenso wie taktile Signale in die zunehmend ruhelose Gegenwart ringsum.

Diese Skulptur hat eine längere Entstehungsgeschichte und versteht sich als Gemeinschaftsarbeit zweier sehr unterschiedlicher Künstler. Da ist zum einen Felix Droese (*1950), der nach seinem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf unter anderem bei Joseph Beuys schnell einem größeren Publikum durch referenzreiche großformatige Papierschnitte bekannt geworden ist, die mit lapidaren Mitteln große politische Brisanz entfaltet haben, etwa auf der documenta 7 mit der Arbeit Ich habe Anne Frank umgebracht oder bei der 1988er Biennale Venedig mit der eindringlichen Installation Haus der Waffenlosigkeit.

Und da ist zum anderen der Bildhauer Christoph Wilmsen-Wiegmann (*1956), der seit vielen Jahren in arbeitsintensiver Vitalität die Kulturgeschichte der Steine erkundet, indem er sie sammelt, ihre Materialität in geduldigen Schleif- und Meißel-Prozessen zum Sprechen bringt und sie ungeachtet ihrer Erdenschwere zu vertikalen Bildzeichen aufrichtet. Diese beiden polaren Temperamente trafen nun in der Herausforderung einer gemeinsamen Skulptur aufeinander, und sie ergänzten sich in produktiver Weise. Felix Droese nämlich entsann sich der Begegnung mit einem steinernen Monument im Naturpark Südeifel, das eben jenen Namen Fraubillenkreuz trägt – abgeleitet einerseits vom Sybillenkreuz der weisen Seherinnen der Antike, andererseits von der christlichen Marienverehrung im Sinne von Unserer Lieben Frau Bild-Kreuz. Von diesem Monolithen weiß die Überlieferung zu berichten, dass der Hl. Willibrod um 700 eigenhändig den steinzeitlichen Findling zu einem Kreuz behauen habe. Da der Missionar Willibrod nicht nur das Kloster Echternach gegründet hat, sondern späterhin auch als Bischof von Utrecht agierte, erstreckte sich sein Einfluss mithin vom Luxemburgischen bis zu den Niederrheinlanden, womit sich die Geschichte von der Transformation des magischen Felsens als durchaus kompatibel für die hiesige Skulpturenachse erwies. Nachdem dies geklärt war, begaben sich beide Künstler in den Dialog der Entwürfe, der Modelle und der schließlich finalen Ausformung. Dabei erwies sich erwartungsgemäß, dass sich die Überlegungen von Felix Droese auf zweidimensionale Konturen der Kreuzform im Kartonschnitt konzentrierten und letztlich in ein handliches Tonmodell von 2014 mündeten; die langwährenden Akte der dreidimensionalen Ausarbeitung oblagen dann quasi naturgemäß dem ausgebildeten Bildhauer Christoph Wilmsen-Wiegmann. In diesen arbeitsintensiven Prozessen materialisierten sich die Ideen und nahmen eine Gestalt an, in der Oberfläche und Beschaffenheit der Basalt-Lava ein ebenso großes Mitspracherecht bekamen, wie die Spuren ihrer Behandlung durch Meißel und Schwingschleifer. Entstanden ist solcherart eine kompakte Stele, die eine Vielzahl symbolischer und mit Händen zu greifender Schichten in sich vereint: eine Setzung in der Landschaft, die die anthropologische Konstante des Sich-Aufrichtens zeitlos und elementar verkörpert.

Harald Kunde
30. Januar 2024

 

 

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